„Cash is King!“ Ein erfolgreiches Projektbeispiel zur signifikanten Cash-Einsparung.
Olaf Keßel, Manager bei Lischke Consulting.
In vielen Unternehmen ist die Erkenntnis gereift, dass eine aktive Steuerung ihres Cash-Flows einen immer größeren Stellenwert einnimmt.
Ein guter Auftragseingang bildet eine solide Grundlage für ein wachsendes Unternehmen, allerdings stehen viele Unternehmen vor der schwierigen Aufgabe, diese Order Intakes auch „in time“, „in quality“ und „in budget“ zu bearbeiten. Betroffen sind insbesondere Unternehmen mit einem hohen Anteil an Projektgeschäften. Eine nachhaltige und solide Cash-Planung ist erforderlich, um die notwendige Liquidität des Unternehmens zu jeder Zeit sicherzustellen. Dies gilt insbesondere für börsennotierte Unternehmen, da diese sehr strikten Kapitalmarktanforderungen unterliegen. Eine mögliche Vorgehensweise zur aktiven Verbesserung der Cash-Situation wird im Folgenden anhand eines erfolgreich durchgeführten Projektbeispiels skizziert.
In einem produzierenden Unternehmen wurde in einer groß angelegten „Supply Chain Management/ Net Working Capital-Initiative“ (SCM/NWC) seitens der Geschäftsführung das Ziel ausgegeben, die Cash-Situation für das Unternehmen nachhaltig zu verbessern.
Als oberste Zielgröße zur Erfolgsmessung der Initiative diente die Kennzahl des Cash-Conversion-Cycle (CCC), welcher sich grundsätzlich aus den drei folgenden Faktoren zusammensetzt:
- Forderungen ggü. Kunden (DSO = Day Sales Outstanding)
- Verbindlichkeiten ggü. Lieferanten (DPO = Day Payables Outstanding) und dem
- Beschaffungs- und Bestandsmanagement (DIO = Day Inventory Outstanding)
Eine erste wichtige Maßnahme zur aktiven Steuerung des Projektes und zur Verbesserung der Zahlentransparenz war der Aufbau eines SCM/NWC-Dashboards mit entsprechenden KPIs (Key Performance Indicators).
Ein solches Tool war notwendig, um kontinuierlich die Wirksamkeit der Maßnahmen nachweisen zu können. Dieses im Microsoft Power-BI entwickelte SCM/NWC-Dashboard wurde stetig weiterentwickelt bzw. erweitert und beinhaltet die wichtigsten Kennzahlen über sämtliche Hierarchie-Ebenen hinweg (von der Geschäftsführung bis zum Projektmanager), um den Mitarbeitern ein „Steuerungs-Tool“ mit der notwendigen Transparenz für ihre tägliche Arbeit mit an die Hand zu geben.
Das Dashboard bietet den Projektmanagern die Möglichkeit, Bestände auf unterschiedlichen Unternehmensebenen (AG-, Division-, BU- und Produkt-Ebene) in unterschiedlichen Clustern (Lager, WIP und Contract Assets) zu betrachten und bei Bedarf bis auf Materialnummernebene zu analysieren. Über eine solche Darstellung war es jedem Projektmanager möglich nachzu-vollziehen, welche Auswirkungen die Umsetzung seiner Maßnahmen zur Gesamt-Initiative beitragen und ob ggf. Anpassungen an den Maßnahmen vorgenommen werden müssen.
Besonderes Augenmerk wurde im Rahmen des Projektes, neben den einzelnen Maßnahmen, auf die Entwicklung des Free Cash-Flow gelegt, welche vereinfacht gesagt die freien liquiden Mittel des Unternehmens darstellen.
Abb. 1: Berechnung des Cash-Conversion-Cycle (CCC)
Ein positiver Cash-Flow bedeutet, dass die Einnahmen des Unternehmens (z.B. Umsätze aus Produkt-verkäufen) höher sind als die Auszahlungen (z.B. für Material, Löhne und Gehälter, Zinsen für Kredite, Steuern etc.). Dieses bedeutet in der Konsequenz, dass ein Unternehmen mit einem hohen Cash-Flow finanziell gesund und robust ist und aus diesem Cash-Flow z.B. eine angemessene Dividende an die Gesellschafter ausschütten kann.
Grundsätzlich gilt deshalb für Unternehmen: Je mehr Geld sich in der Kasse befindet, desto besser kann das Unternehmen in die Zukunft investieren und die Investoren z.B. durch Dividenden oder Kurssteigerungen am Unternehmenserfolg partizipieren lassen. Der Cash-Flow ist somit ein sehr wichtiger „Motor“ für jedes Unternehmen.
Eine Erhöhung des Cash-Flows wird u.a. über Reduzierungen von Materialbeständen (Kaufteile, Halbzeuge und fertige Produkte, die noch nicht unmittelbar verkauft wurden) erreicht. So wird weniger Kapital in Form dieser Bestände über eine längere Zeit gebunden, was sich positiv auf den Cash-Flow auswirkt.
Aus diesem Grund zielten im Kern des Projektes die Maßnahmen zur Reduzierung der Kapitalkosten auf die Reduzierung der Bestände ab. Diese umfassten das Rohmaterial, Halbbaugruppen in der Fertigung, sowie bereits fertig produzierte Module/Produkte, für die noch kein Umsatz gelegt werden konnte.
Im ersten Schritt wurde eine Lagerbestandsbereinigung durchgeführt, da sich zu Beginn des Projektes eine große Anzahl an nicht mehr benötigtem Material im Lager befand. Begonnen wurde mit dieser Maßnahme, da nach einer ersten Analyse in diesem Bereich die größten Effekte in kürzester Zeit zu erwarten waren.
Neben der Bestandsreduzierung stand die „Verkürzung der Zahlungsziele bei Lieferanten und Dienstleistern“ und „überfällige Außenstände von Kunden gegenüber dem Unternehmen“ im Fokus.
Parallel zur Lagerbestandsbereinigung wurden gemeinsam in Workshops, zusammen mit den Mitarbeitern aus den jeweiligen Bereichen, weitere konkrete Maßnahmen auf Basis der aktuellen und zu erwartenden Bestandszahlen und Umsätze definiert und ein konkreter Umsetzungsplan mit Verantwortlichkeiten und entsprechenden Zeithorizonten festgelegt.
Hierbei war auffallend, dass die definierten Maßnahmen die gesamte Lieferkette betrafen.
Hier ein kleiner Überblick über den Inhalt der Maßnahmen:
- Umplanungen im Vertrieb und der Programme.
- Reduzierung der Wiederbeschaffungszeiten von Rohmaterial durch den Einkauf.
- Verkürzung der Durchlaufzeit in der Produktion.
- Beschleunigter Versand.
- Umgehende Rechnungsstellung an den Kunden.
- Verbesserung der Rahmenbedingungen wie beispielsweise die Fehlteilesituation und die Fertigungsqualität etc.
Dies zeigt, dass die Bandbreite der abzudeckenden Themen allumfassend war, weswegen die Work-shops für eine bessere Akzeptanz grundsätzlich immer funktionsübergreifend besetzt wurden.
Eine wesentliche Erkenntnis aus den durchgeführten Workshops mit den jeweiligen Fachabteilungen war, dass „ein Schlüssel zu nachhaltigen Verbesserungen“ u.a. in der stärkeren Zusammenarbeit -der Kollaboration- zwischen den verschiedenen Fachbereichen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, liegt. Aus diesem Grund wurde in der weiteren Phase der Fokus des Projektes um die Optimierung der gesamten Auftragsplanung und -abwicklung erweitert.
Begonnen wurde mit der Initiierung eines weiteren Projektes zur Umsetzung von Operational Excellence in einem „Pilot“-Bereich. Dieses verfolgte folgende Hauptziele:
- Professionalisierung des Programm- und Projektmanagements auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten.
- Reduzierung der „end-to-end“ Durchlaufzeiten (order-to-cash).
- Erhöhung der Wahrnehmung von Verantwortung entlang der gesamten „end-to-end“ Prozesskette.
- Kürzere und schnellere Reaktionszeiten bei Änderungen im Projektablauf.
- Verfolgung des Projektfortschritts auf Basis von Echtzeitdaten, die direkt aus dem ERP-System (SAP) stammen.
- Verbesserung der Führungs- und Zusammenarbeitskultur (Cultural Change).
Um die Akzeptanz des Projektes bei den Mitarbeitern zu erhöhen, wurden u.a. auch neue Kommunikations-Konzepte eingeführt. Besonders erfolgreich gestaltete sich eine halbstündige „Webinar-Reihe“, die ausgewählte Themen im lockeren Stile eines Frage-Antwort-Dialogs, in 30 Minuten in der Mittagszeit, kurz und prägnant behandelte.
Die gemeinsame Arbeit in den Projekten hat deutlich gezeigt, dass hinsichtlich bestimmter Themen und Ziele zwischen und innerhalb von einzelnen Abteilungen/Divisionen unterschiedliche Auffassungen für die Umsetzung bestehen. Dennoch wurde zu dem ein oder anderen Thema lebhaft diskutiert und um eine gemeinsame Lösung gerungen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist allerdings, dass letztendlich alle Beteiligten an einem Strang gezogen und gemeinsam für die Zukunft des Unternehmens gekämpft haben. Der große Vorteil in der Zusammenarbeit lag darin, dass unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen der Bereiche als Chance betrachtet wurden, das eigene Unternehmen „jeden Tag ein bisschen besser zu machen“.
Ergebnis:
Mit gemeinsamen Anstrengungen über alle Bereiche des Unternehmens hinweg konnte innerhalb eines Jahres eine signifikante Cash-Einsparung realisiert werden.
Darüber hinaus konnte die Nachverfolgung der Kennzahlen direkt aus dem ERP-System über das eigenständig programmierte Microsoft Power-BI Dash-Board erfolgen und ermöglichte so den Mitarbeitern und den Führungskräften auf den unterschiedlichen Ebenen eine nie da gewesene Transparenz.
Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Fachabteilungen konnte deutlich verbessert werden, wobei sich dieser kulturelle Change-Prozess wohl noch über mehrere Jahre hinweg ziehen wird.
Ausblick:
Neben der Weiterführung der Umsetzung bereits evaluierter und neu zu definierender Maßnahmen, wird die parallel gestartete Offensive der Digitalisierung mit voller Kraft vorangetrieben. Das Bereitstellen von SAPVerfolgung des Projektfortschritts auf Basis von Echtzeitdaten, die direkt aus dem ERP-System (SAP) stammen.
Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Artikel die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.
Bei Fragen oder Interesse steht Ihnen Olaf Keßel gern persönlich zur Verfügung.
Telefon: +49 (0) 40 378557 0
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